Aus Anlass eines „Parlamentarischen Abends“ der Autobahn GmbH des Bundes laden wir zeitgleich zum außerparlamentarischen Abend am selben Ort:
Donnerstag, 16. Mai 2024, In den Ministergärten 4, 10117 Berlin
Beginn Musikprogramm: 16:30 Uhr
Beginn Podiumsdiskussion: 18:00 Uhr
Bis 2030 sind 50 Mrd. € für Neu- und Ausbaumaßnahmen von Autobahnen und Bundesstraßen vorgesehen: 6.000 km Neu- und Ausbau von Bundesfernstraßen! Das steht im krassen Widerspruch zu den Umwelt- und Klimaschutzzielen der Bundesregierung.
Mit unserer Veranstaltung setzen wir eine fundierte Kritik an den strukturellen Problemen des Bundesverkehrswegeplans den Verantwortlichen vor die Tür. Dafür versammeln wir am 16. Mai Vertreter*innen aus Wissenschaft und Umweltverbänden (Liste der Referent*innen siehe unten).
Wir verschaffen der einhelligen Forderung Gehör: Eine grundlegende Neuausrichtung des Bundesverkehrswegeplans 2030 anhand von Klima- und Umweltkriterien ist dringend notwendig!
Donnerstag, 16. Mai 2024, 16:30 bis 20 Uhr, In den Ministergärten 4, 10117 Berlin
Beginn Musikprogramm: 16:30 Uhr
Beginn Podiumsdiskussion: 18:00 Uhr
Dr. Alexandra Appel, Bereichsleiterin und wissenschaftliche Referentin des Fachbereichs Mobilität am IKEM
Das zentrale Werkzeug der Mobilitätsplanung in Deutschland, der aktuell gültige Bundesverkehrswegeplan 2030 bedarf dringend einer Neuausrichtung anhand von Klima- und Umweltkriterien. Aktuelle Zahlen machen deutlich, dass die wesentlichen Parameter der Verkehrsprognose für den Straßenverkehr, die dem BVWP 2030 zugrunde liegen, schon jetzt überholt sind. So ging die Prognose von einem geringeren Wachstum des Pkw-Fahrzeugbestands aus: Bereits 2022 wurde jedoch die für 2030 prognostizierte Fahrzeugzahl überschritten.
Diese Entwicklung ist symptomatisch für eine Politik, die zu steigenden Emissionen im Verkehrssektor führt und die im Bundesklimaschutzgesetz festgelegten Klimaziele verfehlt. Daran hat auch der BVWP einen Anteil: Die steigenden Pkw-Zulassungszahlen folgen einer Verkehrsinfrastrukturplanung, die den Straßenverkehr über Jahre gegenüber anderen Verkehrsträgern bevorzugte.
Die Konsequenz des immer schneller wachsenden Pkw-Fahrzeugbestands darf gerade nicht sein, mehr und mehr Fernstraßen zu bauen. Um diesem Automatismus entgegenzuwirken, unsere Klimaziele zu erreichen und mobilitätsbedingte Umweltschäden zu verringern, muss endlich der Ausbau der Schiene statt der Straße priorisiert werden. https://www.ikem.de/stellungnahme-bvwp/
Julia Balz, Senior Referentin Verkehrspolitik NABU Bundesverband
Der Verkehrssektor ist einer der großen Antreiber der Klimakrise. Dennoch werden weiter Autobahnen und Bundesfernstraßen gebaut, obwohl das im Widerspruch zu den Klimazielen steht, zu denen Deutschland sich verpflichtet hat. Die Bundesregierung und die zuständigen Behörden blicken seit Jahren über die tatsächlichen Umweltauswirkungen geplanter Verkehrsinfrastruktur hinweg. Weder der Bundesverkehrswegeplan, noch der aktuelle Bedarfsplan wurden im Zuge der Strategischen Umweltprüfung im Jahr 2016 auf ihre Vereinbarkeit mit dem Pariser Klimaschutzabkommen oder den Flächenverbrauchszielen der Bundesregierung geprüft.
Ein Rechtsgutachten im Auftrag des NABU hat unter anderem den Bedarfsplan auf den Prüfstand gestellt. Das Ergebnis: Der aktuelle Bedarfsplan ist nach heutigen Standards nicht ausreichend auf seine Vereinbarkeit mit Klima- oder Flächenschutzzielen überprüft worden. Der NABU fordert darum, dies nachzuholen, um eine weitere Versiegelung von Flächen, die Zerschneidung wertvoller Naturräume sowie zu hohe Treibhausgasemissionen des Verkehrssektors zu vermeiden. Durch das sogenannte Autobahnmoratorium, also ein zeitweises Aussetzen weiter Bauvorhaben, kann Zeit für die notwendigen Anpassungen des Bundesverkehrswege- und Bedarfsplans gewonnen werden, um die bestehenden Umwelt- und Klimaschutzziele einzuhalten. Rechtsgutachten im Auftrag des NABU bestätigt Autobahnmoratorium
Inge Lechner, Bürger*innen-Initiative A 100, Berlin
Ende 2024 soll nach vielen Verzögerungen und Kostensteigerungen der 16. Bauabschnitt des Berliner Stadtautobahnrings A 100 von Neukölln bis zum Treptower Park eröffnet werden. Als Schneise der Stadtverwüstung möchte der Bund den milliardenteuren Wahnsinn mit dem 17. Bauabschnitt weitertreiben: von Treptow über eine Brücke über die Spree bis kurz vors Ostkreuz, wo die Autobahn in einen Tunnel unter den Regionalbahnhof abtaucht. Nach Unterquerung des Ringbahndamms weiter oberirdisch über eine Brücke, schließlich über die Frankfurter Allee hinweg bis zur Storkower Straße. Im Anschluss soll auf rund 1,8 Kilometern Länge die Storkower Straße zwischen Landsberger Allee und Möllendorfstraße durchgängig vierspurig werden.
Derzeit rechnet der Bund mit Realisierungskosten von knapp 800 Millionen Euro für rund vier Kilometer neue Autobahn. Die Vergangenheit zeigt: Dabei wird es nicht bleiben; der Bau dürfte weit über eine Milliarde Euro kosten. Der bisher genannte mögliche Baubeginn 2027 mit einer Fertigstellung 2035 ist utopisch. Frühestens Mitte der 2040er Jahre könnte eine Inbetriebnahme realistisch sein. Sie wäre angesichts des abnehmenden Stellenwerts des Autos zur Eröffnung komplett aus der Zeit gefallen. Angesichts der sich verschärfenden Klimakrise und fehlender Instandhaltungsmittel ist der Bau nicht verantwortbar. Schon die Weiterplanung bedeutet eine skandalöse Verschwendung von Steuergeldern: Viele Millionen Euro sowie Personalkapazitäten werden aktuell eingesetzt, um die Trassierungsstudie aktualisieren zu lassen – für ein absehbar aussichtsloses Vorhaben. Und bisher hat sich immer bewahrheitet, dass neue Straßen zusätzlichen Autoverkehr produzieren. https://bi-a100.de/
Dr. Werner Reh, Verkehrsreferent, BUND-Arbeitskreis Verkehr
Trotz der zwingenden Notwendigkeit, die Treibhausgase des Verkehrs massiv zu reduzieren, die Biodiversität zu schützen und endlich die Mobilität der Zukunft zu gestalten, hält die Bundesregierung an ihrem Straßenbau-Maximalprogramm fest. Demgegenüber vertritt der BUND die Position: „Neue Autobahnen und autobahnähnliche Bundesstraßen sind nicht mehr zeitgemäß.“
Ein vom BUND in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten zum Bundesverkehrswegeplan zeigt, dass sowohl der Fernstraßenbedarfsplan (Anlage zum Fernstraßenausbaugesetz vom 23.12.2016) als auch der Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2030 die EU-rechtlichen Vorgaben zur Strategischen Umweltprüfung nicht erfüllen. Der BUND fordert, dass diese nun nachgeholt wird.
An exemplarischen Autobahn- und autobahnähnlichen Bundesstraßenprojekten zeigt der BUND, wie mit Rechentricks in Nutzen-Kosten-Analysen die Wirtschaftlichkeit von Projekten schöngerechnet wurde, wie europäisches Umweltrecht ausgehebelt sowie faire Öffentlichkeitbeteiligung und Alternativenprüfung verweigert werden. In allen vom BUND untersuchten Fällen sind kostengünstige, umweltschonende und schnell umzusetzende Alternativen zum Bau dieser Fernstraßenprojekte möglich. BUND-Rechtsgutachten: Bundesverkehrswegeplan ist verfassungswidrig
Marissa Reiserer, Fachkampaignerin im Mobilitätsteam, Greenpeace e. V.
Der Neu- und Ausbau von Autobahnen und Bundesstraßen droht drei Mal so teuer zu werden wie vom Verkehrsministerium ursprünglich kalkuliert. Der Bau der etwa 800 im Bundesverkehrswegeplan (BVWP) mit höchster Priorität genannten Straßenprojekte würde bis 2035 insgesamt 153 Milliarden Euro kosten, statt der ursprünglich kalkulierten 50,9 Milliarden, zeigt eine neue Greenpeace-Analyse. Sie basiert auf den Antworten der Bundesregierung zur Kostenentwicklung von 351 Bauvorhaben. Die Informationen stammen aus einer Kleinen Anfrage von der Linken.
Das Verkehrsministerium rechnet sich seine klimaschädlichen Straßenbaupläne systematisch schön. Wer richtig rechnet, sieht, dass die geplanten Straßen tatsächlich gut 100 Milliarden Euro teurer werden.
Volker Wissing hat ein CO2- und ein Finanzproblem. Noch mehr Autobahnen zu bauen, verschlimmert beides. Die Antwort kann nur sein, den Bundesverkehrswegeplan grundlegend zu ändern. Greenpeace-Analyse: Straßenplänen des Verkehrsministeriums droht Verdreifachung der Kosten
Dr. Oliver Schwedes hatte von 2014 bis 2023 die Gastprofessur für Verkehrsplanung und -politik am Fachgebiet Integrierte Verkehrsplanung des Instituts für Land- und Seeverkehr der Technischen Universität Berlin. Bevor er 2008 an die TU Berlin wechselte, war Schwedes am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung in der Projektgruppe Mobilität tätig.
Ausgangspunkt der Forschung von Oliver Schwedes ist die Einsicht in die große Diskrepanz zwischen dem verkehrspolitischen Anspruch einerseits und der realen Verkehrsentwicklung andererseits. Während Verkehrspolitik seit den 1970er Jahren das programmatische Ziel verfolgt, Menschen zum Umstieg vom privaten Auto hin zum öffentlichen Verkehr zu bewegen, haben die jeweiligen Anteile am gesamten Verkehrsaufkommen sich bis heute nicht verändert. Im Ergebnis ist der Verkehr der einzige Sektor, in dem die CO2-Emissionen seit 1990 nicht zurückgegangen sind. Das ist erklärungsbedürftig!
Ergänzend zur Perspektive auf das subjektive Mobilitätsverhalten hat Oliver Schwedes jene politischen Rahmenbedingungen untersucht, die eine nachhaltige Verkehrsentwicklung behindern. Durch die systematische Erforschung des Politikfelds Verkehr konnten diverse Akteure identifiziert werden, die von dem bestehenden Verkehrssystem profitieren und sich gegen eine nachhaltige Transformation wenden: Neben subjektiven Gründen für die fehlende Reformbereitschaft im Verkehrssektor konnten entscheidende strukturelle Blockaden ermittelt werden, an denen eine Verkehrswende bis heute scheitert. https://oliver-schwedes.de/
Dr. Marlin Arnz, Transport- und Energieökonom, hat sich in der Vergangenheit bereits kritisch mit Verkehrsplanung, -modellierung und dem Bundesverkehrswegeplan auseinandergesetzt.
Seine Dissertation hat Marlin Arnz am Lehrstuhl für Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik der Technischen Universität Berlin zu Suffizienz in der Verkehrswende geschrieben. Darin simulierte er das maximale Potenzial von Verkehrsvermeidung und -verlagerung mithilfe einer Sammlung von 130 Treibern für die tiefgreifende Transformation des deutschen Personenverkehrs. Derzeit arbeitet Marlin Arnz als Transportmodellierer am Forschungszentrum Jülich und beschäftigt sich darüber hinaus mit Grundbedürfnissen der Mobilität.
Zum Thema Bundesverkehrswegeplanung hat Marlin Arnz im November 2021 einen Beitrag im Fachmagazin ERNEUERBARE ENERGIEN publiziert: Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten – Politische Tricksereien im Bundesverkehrswegeplan
Bei Fragen wende Dich gerne an info@volksentscheid-berlin-autofrei.de